Fragestunde Recht und Ökonomie IV.

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I. Künstlerleben – Welche Perspektive eröffnet meine Kunst?

II. Kunstschaffen – Welchen Grenzen begegnet meine Kunst?

III. Kunstwerte – Welchen Preis hat meine Kunst?

IV. Kunstmärkte – Wer platziert meine Kunst?

Der Galerievertrag. Zustandekommen und Folgen.

Der Atelierverkauf. Chancen und Gefahren.

Der Galerievertrag: Zustandekommen und Folgen

Der Arbeit der Galerien kommt nach wie vor eine zentrale Aufgabe bei der Marktfindung von Künstlerin und Werk zu. Doch wie gestaltet sich eine Zusammenarbeit? Elementar scheint es gleich zu Beginn zu sein, im Rahmen einer vorausschauenden Vertragsgenerierung tatsächlich Lebenswirklichkeit zu formen, d.h. hier konkret das Verhältnis Künstlerin – Galerist möglichst im Vorfeld zu klären und zu sichern, eingedenk der finanziellen Rahmenbedingungen der jeweiligen Parteien. Einige Problemkreise sollen im Folgenden blickpunktartig beleuchtet sowie entsprechende rechtliche Handlungsbezüge dargestellt werden, geklammert durch die Idee des Identität stiftenden Potenzials von Recht, durchaus im Sinne der Unterstützung einer corporate identity- Bildung.

1. Schriftlichkeit & Variabilität der Regelungsdichte

In einem Markt, in dem juristisches Wirken den klassischen Antipoden zum Tun der Kreativen und ihrer Vermittler gibt, freundschaftliches Gebaren zum guten Ton gehört, bedarf es bei der Einführung von „Prozessen der Verschriftlichung“ schon eines besonderen Einfühlungsvermögens und Verhandlungsgeschicks. In der Regel gilt es hier nicht, dem Postulat rechtswissenschaftlicher Akribie gerecht zu werden und mithin jedwede denkbare Fallkonstellation einer Regelung zu unterziehen, Vertragswerke möglichst hernach noch anzureichern um ohnehin in den einschlägigen Gesetzen normierten Regelungstatbeständen, sondern vielmehr allein das „Unvermeidbare“ einer Regelung zuzuführen, fern allerdings eines in seiner Allgemeinheit zweifelhaften „less is more“ – Dogmas. Genau hier liegt die Chance – so zeigen Erfahrungen in der praktischen Umsetzung, vermögen doch erkennbar sinnstiftende Schriftstücke durchaus als Indiz für den Professionalisierungsgrad einer Galerie dienen und zugleich zukunftsgerichtete Verbindlichkeiten begründen.

Was konkret einer ausdrücklichen, gar schriftlichen Regelung zugeführt werden soll, ist den Vertragspartnern zur Aushandlung im Einzelfall überlassen. Sind sich beide ihrer ergänzenden Rolle im Kunstbetrieb bewusst, steht der Generierung von Einvernehmen in Detailregelungen nichts entgegen. Die Regelungsdichte kann dabei variabel, orientiert unter anderem an den besonderen Marktbedingungen, denen das Handeln beider unterworfen ist, angepasst werden. Wesentlich ist der Erhalt einer Funktionalität im Sinne der Gestaltung Lebenswelt formender Umstände.

2. Vertragstext und Sprache

Moderner Rechtssprache fehlt oftmals jede Form der Ästhetik. Wie anders klangen allein im Sprachduktus die Verträge zwischen Künstlern und Auftraggebern vergangener Tage, in Zeiten etwa der Florentiner Renaissance. Der Individualität und Singularität des Künstlers Rechnung tragend, wurde dieser etwa nicht nur mit Namen und Adresse, sondern ausführlich mit Titel und Herkunftsort benannt, oftmals zudem bezeichnet mit seiner konkreten Profession, als Maler, Bildhauer oder etwa Goldschmied. Vertrauen und Verbindlichkeit im geschäftlichen Wirken resultiert in der Regel auf Wertschätzung. Diese gilt es auch äußerlich zu manifestieren. Wer im Geschäft mit der Kunst mit rein standardisierten Vertragsmustern operiert, möglichst noch in Gestalt eines Lückentextes zur handschriftlichen Eintragung konkretisierender Daten des jeweiligen Vertragspartners, bringt sich leichtfertig um nicht zu unterschätzendes Potenzial der Schaffung von Verbindlichkeit eben auch auf kommunikativer Ebene. Oder anders ausgedrückt, werden regelrechte Lückentexte als Vertragsformulare seitens Galerien vorgelegt, sollten Künstlerinnen und Künstler Vorsicht walten lassen, auch bei klaren Geschäftsregeln zeitigt ein Vertrag regelmäßig die Notwendigkeit der Berücksichtigung individueller Besonderheiten – und diese sollten möglichst gerade nicht unter „Sonstiges“ abgehandelt werden.

3. Herausstreichen markt-funktionaler Intentionen

Neben der wohl unverzichtbaren Auflistung klassischer Hauptleistungspflichten des Galeristen wie die Durchführung der Ausstellung, die Promotionspflicht, kaufmännische Pflichten oder die Rückgabe nicht verkaufter Werke sowie Nebenpflichten wie die Besorgung des Ausstellungsaufbaus, die Vernissage, die Versicherungspflicht und ähnlichem hat jede Galerie die Option, prominent beispielsweise in Form einer „Präambel“ ihre Philosophie, ihr individuelles Verständnis dem Vertragswerk voranzustellen. Hier besteht die Chance darin, Punkte herauszustreichen, die für das Zusammenwirken mit ihren Künstler prägend sind, beispielsweise in folgender, noch sehr allgemeingültiger Form:

„<…> ist eine so genannte Programmgalerie im Zentrum XYs, die es sich zum Ziel gesetzt hat, ihren eigens ausgewählten Künstlern ein besonderes Forum der Präsentation zur Verfügung zu stellen, für diese „Märkte zu bauen“ und Meinungsbildungsprozesse zu initiieren, darüber hinaus Interessenten wie Sammlern passende Informationsangebote bereit zu halten und Kenntnisse zu Person und Werk ausstellungsbezogen sowie fachkompetent zu vermitteln.“

Auf diese Weise wird an zentraler Stelle kompakt die Haltung der jeweiligen Galerie klar umrissen, der Künstler und Vertragspartner weiß damit um Schwerpunkte und Selbstverständnis seines Gegenübers. Dabei geht es nicht um juristische Sprachkosmetik. Korrelieren die Räumlichkeiten, das Auftreten der handelnden Personen und die Programmatik der Galerie, ergibt sich insoweit ein professionell-stimmiges Gesamtbild, ist dieses im Regelfall ein belastbares Fundament für weitergehende Abstimmungen und zugleich Grundlage für ein pekuniär geprägtes, auf ein zumindest hinsichtlich temporärer Mittelfristigkeit angelegtes Zusammenwirken.

4. Klarheit der Prozesse

Oft unterschätzt, aber herausragende Bedeutung kommt im Rahmen der Verabredungen den abzubildenden Prozessen zu. Drei Formen sollen hier einer kurzen Betrachtung zugeführt werden.

Grundbedarf besteht in aller Regel bei Fragen der tatsächlichen Abwicklung: Wie kommen die Werke vom Atelier in die Galerie, wer kümmert sich um die sachgerechte Transportverpackung, wer später um die konkrete Hängung, wann werden die Werke von wem nach der Ausstellung zurück ins Atelier verbracht etc. Während hier zumeist noch recht schnell Einigkeit erzielt werden kann, ergibt sich in Fragen zeitbezogener Abwicklung bereits vermehrt Konfliktpotenzial.

Sinnvoll ist es stets, eine eindeutige zeitliche Vereinbarung, beispielsweise in Form eines klaren Zeittableaus zu treffen, das für beide Seiten als verbindlich anzuerkennen ist. Was hier als Selbstverständlichkeit geriert, ergibt in der Praxis oftmals Angriffpunkte für Streitigkeiten. Aufgrund „persönlicher Verhinderung“ werden Bilder nicht fristgemäß zur Verfügung gestellt, über die Ausstellungsdauer hinaus zurückgehalten usw., was nicht nur ein Ärgernis darstellt, sondern vernünftige Dispositionen geschäftlicher Natur verunmöglicht.

Ein letzter Blick zu diesem Fragenkomplex hat den Prozessen des Geldtransfers zu dienen: Wann werden Gelder wohin angewiesen, wie etwaig mögliche Ratenzahlungen abgewickelt, wie erfolgt eine Verständigung über etwaige Preisnachlässe, wenn letztere nicht in Form einer Spielraumfixierung bereits festgelegt sind. Deskriptive Festlegungen vorgenannter Art werden in ihrem Gestalt- und Klärungspotenzial leider oft unterschätzt oder werden in vorgelegter standardisierter Fassung den konkreten Anforderungen nicht gerecht.

5. Definition räumlicher wie zeitlicher Geltung

Gerade in Bezug auf die hier betrachteten Galerien mit eher regionalem Handlungsradius erweisen sich Absteckungen von ortsbezogenen wie zeitlichen Geltungsräumen als überaus hilfreich. Handelt es sich um eine erstmalige Zusammenarbeit, sollte zunächst auch nur diese Hauptgegenstand der Verhandlungen sein, Optionen können flankierend zukünftige Handlungsweisen auszeichnen. Das Bewahren vor überspannten Erwartungen ermöglicht einen nüchterneren Blick, Distanz erscheint als notwendige Voraussetzung zum Aufbau gegenseitigen Vertrauens, vor allem in das Wirken des jeweils anderen. Während der Ausweitung von Grenzen im Zeitenlauf kaum Grenzen gesetzt sind, allenfalls in Form anderweitig getroffener Vereinbarungen, führt die spätere Beschneidung im Regelfall zum Bruch, mithin zum Tod der Beziehung und totalem Verlust aller Investitionen in diese Konstellation.

Hinsichtlich des temporären Aspektes erscheint aber eine Präzisierung zweckdienlich: Wird allein eine einzige Ausstellung zum Bewertungsmaßstab genommen, verkennt man grob das tatsächliche Marktgeschehen, selbst Zeiträume von unter zwei – drei Jahren sind für die Aufgabe des Galeristen, nachhaltig Öffentlichkeit für Werke zu schaffen, kaum aussagekräftig – ein Umstand, der zwingend bedacht werden sollte. Scheitert die erste Ausstellung hingegen an offenkundigem Unvermögen des Galeristen zur Professionalität (wie immer dieses im Einzelfall zu ersehen ist), kann freilich des Vorgenannten ungeachtet eine Beendigung der Zusammenarbeit die einzig vertretbare Lösung sein. Ein Vertrag sollte hier Kündigungsmöglichkeiten eröffenen.

6. Integratives Marketing

Die Künstlerin, der Künstler hat ein Recht, sich im Mittelpunkt des Interesses zu sehen. Dem Galeristen ist dagegen eine klare Kundenorientierung auferlegt, er hat in moderner Zeit möglicherweise gar Erlebnisse zu inszenieren. Auf jeden Fall soll ein Galerist „seine“ Kunden von der Qualität der Arbeiten „seiner“ Künstlerinnen und Künstler überzeugen, erzieherisch einwirken, wo Spielräume bestehen. Wie er hinsichtlich der Vermittlungsbetätigung konkret vorgeht, ist seine alleinige, persönliche wie unternehmerische Entscheidung. Es ist dringend angeraten, jedwede Marketingaktivitäten (Postkarten, Katalog, Vernissage etc.) im Gesamtkontext mit dem allgemeinen Galeriegeschehen zu betrachten und darauf basierend Detailregelungen zu treffen. Doch warum sollte nicht auch dem Künstler Gehör verschafft werden? Der Künstler sollte ein Recht darauf zugestanden werden, im Vorfeld zu erfahren, was der Galerist an Marketingaktivitäten zu ergreifen gedenkt. Nur so hat er Möglichkeiten, seine Vorstellungen einzubringen und/oder eigene Anregungen zu unterbreiten. Besonderes Augenmerk und ein gesteigertes Interesse eines jeden Künstlers liegt in der Realisation von Katalogen, die einerseits für Ausstellungsbesucher und Interessenten Informationen bieten und vor allem einen anspruchsvollen Merkposten darstellen, zum anderen aber auch den Stand künstlerischen Wirkens anschaulich dokumentieren. Nicht außer Acht gelassen sollte dabei aber werden, dass alles entscheidend die tatsächliche Qualität der intendierten Publikation ist. Lassen die finanziellen Rahmenbedingungen den Druck eines hochwertigen Kataloges gleich welchen Umfanges nicht zu, sollte möglicher Weise von einer Veröffentlichung insgesamt eher Abstand genommen und Alternativen erörtert werden.

Dass dem Künstler, der Künstlerin bei der Zustehung beispielsweise von Nutzungsrechten von Bildmaterial Mitwirkungspflichten zukommen, soll das Zusammenwirken sich erfolgreich gestalten, bedarf vermutlich keiner weiteren Ausführung.

7. Preisgarantien in der Distribution

Professionelles Agieren von Künstler und Galerist erfordert zwingend Einigkeit, Verbindlichkeit und Transparenz im Preis. An dieser Stelle verweisen wir auf die Ausführungen unter Punkt IV. 2 (LINK zu Kunstmärkte – 2. Atelierverkauf) dieser FAQ.

8. Phänomen der sog. Ausfallgarantie

Angenommen, die gemeinsame Ausstellung erweist sich kostenmäßig im Ergebnis als Totalausfall. Kein Werk fand einen Käufer. So finden sich in vielen Verträgen hier Regelungen, die in einem solchen Falle eine Beteiligung des Künstlers, der Künstlerin an den entstandenen finanziellen Aufwendungen vorsehen, diese oftmals in einem klar bezifferten Betrag umrissen. Freilich ist es für den Galeristen misslich, nicht unmittelbar Zahlungseingänge verbuchen zu können und dennoch Zeit und Geld investiert zu haben („Geldfresser“). Aber Kunstvermittlung braucht oftmals Zeit. Dem Künstler in vorgenannter Art und Weise faktisch eine Art Vertragsstrafe aufzuerlegen, schießt dabei vollkommen am Ziel vorbei: Kurzfristig mag das getätigte Investment schmerzlich sein, bleibt der erhoffte Erfolg aus; dennoch hat man sich aus bestimmten Gründen für einen Künstler und dessen Werke entschieden, stellt für eine gewissen Zeit gar die gesamte Aufmerksamkeit wie Räumlichkeit nebst Tatkraft zur Verfügung. Und genau hier setzt nun das Vertrauen in das eigene Wirken und das Können des anderen ein. Erst hier beginnt die eigentliche Vermittlerqualität eines Galeristen sichtbar zu werden. Der zweifelhaften Praxis, dass der Künstler neben Kunst auch noch Geld mitzubringen hat, sollte weitgehend Einhalt geboten werden, im Gegenteil wäre eine erfolgsunabhängige Ausstellungsvergütung für den Künstler auch im Galeriewesen durchaus sachgerecht. Ohne substanzielle Kunst kein Sujet der Vermittlung für den Galeristen.

Zusammenfassung

Für den Galeristen gilt es, alles zu tun, dass seine Künstler ihr Leben bestreiten und ihre Kunst fortentwickeln können. Es entspricht dem Gebot der Fairness und einem gefestigten Charakter des Galeristen, im vorhandenen finanziellen Rahmen der Kunst und dem Künstler zu dienen, im Gegenzug freilich aber auch den angemessenen Gewinn aus der engagierten Betätigung zu ziehen. Letzteres ist nur möglich, wenn das Zusammenwirken nicht nur auf Kurzfristigkeit angelegt ist. Klare Vereinbarungen gestalten dabei wirkungsvoll zukünftiges Tun. Das Zusammensetzen mit dem Künstler, das Besprechen und Verhandeln sind die Basis für vertrauensvolle Zusammenarbeit. Jedem kommt wesensimmanent die ihm eigene Rolle zu. Schriftlichkeit und Versprachlichung ermöglichen die erforderliche Klarheit im Vorfeld. Wenn auch aktuelle Tendenzen am Kunstmarkt schnelles Geld versprechen, so ist mittelfristig insbesondere für kleinere oder jüngere Galerien das Setzen auf Verlässlichkeit und Qualität der wohl sicherere Weg. Innovatives Rechtsdesign in Form und inhaltlicher Gestalt mag dabei die Schaffung unverwechselbarer Identität flankierend stützen. Entscheidend für den Geschäftserfolg wird neben sicherem Gespür für wahrhafte Kunstwerte der Respekt sein, der den vertretenen Künstlern und ihren Werken in jedwedem Tun gezollt wird.

Der Atelierverkauf: Chancen und Gefahren.

Vielen Künstlerinnen und Künstlern kommt diese besondere Form der Vermarktung oftmals gar nicht so ungelegen, insbesondere in den Anfangsjahren des Künstlerinnendaseins, auch wenn hier per se ein gewisser Malus des Unprofessionellen angeheftet scheint, denn unabhängig von der Frage, wie gut anderweitige Vermarktungsstrategien funktionieren, wie passabel es Vermittlern wie Kunstagenten und vor allem Galeristen gelingt, Kunstkäufer für das erschaffene Werk zu begeistern, beim Atelierkauf zahlt der Kunde unmittelbar das Geld an die Künstlerin, an den Künstler und allein dies scheint schon überaus verlockend.

Das Grundmodell ist dabei ebenso einfach wie stimmig: Die Künstlerin schafft tagtäglich an Werken, die es nach Fertigstellung zu verkaufen gilt. Der Kunstliebhaber ist förmlich beseelt von dem Gedanken, sein Geld auszugeben für gute Kunst. Und treffen sich beide im Atelier, so kann der Käufer nicht nur das Werk gleich mitnehmen, zumindest wenn die Formate dies zulassen, sondern auch gleich noch atmen, ja unverfälscht einsaugen die „Aura des künstlerischen Schaffensortes“. Und das gegebene Geld, am besten bar auf den Tisch, bestätigt für all die Mühen – unmittelbar, wenn auch oftmals nicht nachhaltig – die Künstlerin, den Künstler.

Von steuerlichen wie steuerrechtlichen Aspekten und Nachweispflichten etc. an dieser Stelle einmal abgesehen, sind Verkäufe vorgenannter Art nur dann gänzlich unproblematisch, wenn die besagte Künstlerin/der Künstler tatsächlich allein als Selbstvermarkter/-in agiert. Vielschichtiger wird die Gemengelage nämlich schon, wenn auch nur ein Galerist mit auf den Plan tritt, vor allem freilich in all den Fällen, in denen ein enger Zusammenhang zwischen Präsentation von Werken im Galerieraum und den angesprochenen Atelierkäufen festzustellen ist.

Schauen wir uns die Angelegenheit unter letzt genannter Prämisse noch einmal genauer an: Die Herausforderungen insbesondere tatsächlicher Natur sind in vorgenannter Dreier- Konstellation „Galerist – Künstler – Kunstkäufer“ schnell ausgemacht: Leben die zumeist ausgestellten Künstler in der gleichen Stadt oder zumindest derselben Region, in der auch die Galerie residiert, werden interessierte Kunden schnell der nahe liegenden Versuchung erliegen, durch das Herantreten an den Künstler, an die Künstlerin selbst und unter bewusst geplanter Umgehung des Galeristen den Verkaufspreis zu mindern.

Genau hier beginnt für den ambitionierten Galeristen die Misere: Durch seine engagierten Aktivitäten verschafft er der Kunst und seinen Künstlern die erstrebte öffentliche Aufmerksamkeit, doch fehlt vielen nicht selten das finanzielle wie persönliche Fundament, um die eigene Position durch Sicherung., d.h. eigenem Ankauf von Werken etc. zu stärken. Der Künstlerin ist es, da oftmals eine besondere Beziehung zu dem Galeristen (noch) nicht besteht und die gemeinsame Ausstellung zudem für sie eher als Einzelmoment, als ein weiterer marketingtechnischer Versuchballon neben anderen zu werten ist, im Zweifel egal, woher sie ihr Geld erhält, Hauptsache es fließt überhaupt und dies möglichst zeitnah. Verstehen selbst schon viele Künstler kaum, warum ihre Galeristen eine Verkaufsprovision von 30 – 50 % einstreichen sollten, dient entsprechende Kenntnis dem Kunstkäufer oftmals als besonderer Ansporn: Hier wird aus seiner Sicht einzig beziffert das für ihn erzielbare Einsparpotenzial bei intendiertem Objekterwerb (Stichwort „Kuhhandel“). Und so wird oftmals erst der auf den Galerieabend folgende Atelierbesuch zum Kaufevent. Der Käufer frohlockt im Erfolgsfalle ob der günstigen Atelierpreise und freut sich über den ersparten Differenzbetrag zum Galeriepreis, der Künstler – gestärkt durch die letztlich erfolgreiche Verkaufsverhandlung – streicht überaus zufrieden sein Geld ein, einzig der Galerist beklagt die Zuführung des Interessenten ohne eigene finanzielle Partizipation an dem getätigten Geschäft. Fast tragisch erscheint die Situation, bedenkt man, welche nicht gänzlich unerheblichen Investitionen (Finanzierung von Marketingaktivitäten nebst der Vernissage, Druck von zumindest Postkarten, die Raum- wie sonstigen Nebenkosten) und persönliches Engagement durch den Galeristen für diesen an ihm im Ergebnis vorbeilaufenden Ankauf getätigt wurden.

Kurzum, Atelierverkäufe sind freilich im Grundsatz zulässig – dies auch bei bestehenden Beziehungen zu Galeristen. Vertragliche Bindungen setzen aber auch gewisse Fairness im Kunstmarkt bezogenen Miteinander voraus. Und hier gilt es nun zu differenzieren, vor allem dann, wenn die vertraglichen Beziehungen nichts Genaues festschreiben.

In der Regel verständigen sich Galerist und Künstler/-in im Vorfeld einer Ausstellung über die Preise der zu verkaufenden Kunst. Werke, die gerade noch in einer Ausstellung zu sehen und käuflich zu erwerben waren, sollten allein schon unter Aspekten der Wertkonstanz im Atelierverkauf nicht wesentlich günstiger werden.

Wurde der Kaufinteressent zudem durch die Galerieausstellung auf Künstlerin und Werk aufmerksam, ist eine auch finanzielle Partizipation des Galeristen nur sachgerecht. Vereinbarungen sehen hier oft eine Spiegelung der für Galerieverkäufe getroffenen Vereinbarungen vor. Die gänzliche „Nichtberücksichtigung“ der Galeristeninteressen dürfte hingegen schnell als Verstoß gegen Nebenpflichten des Galerievertrages gewertet werden oder als Verstoß gegen § 242 BGB (Treu und Glauben), hier ist also gewisse Vorsicht und Handeln mit Fingerspitzengefühl durchaus angezeigt.

Für sachgerechte Differenzierungen gibt es eine Menge Optionen und Verhandlungsspielraum. Eine Möglichkeit könnte es etwa sein, all die Werke, die ein Galerist bereits in Kommission hatte und dem Künstler nach Zeitablauf zurückgab, von Beteiligungen auszunehmen oder schlicht (Ausschluss-) Fristen zu setzen, orientiert konkret an den Ausstellungsdaten, im Rahmen derer bestimmte Werke präsentiert wurden.

Halten wir also fest:

Professionelles Agieren von Künstler und Galerist erfordert zwingend Einigkeit, Verbindlichkeit und Transparenz im Preis. Freilich haben Kunstkäufer den Wunsch, Werke günstig zu erstehen. Vielleicht sollte ihnen deshalb auch Raum gegeben werden, erfolgreich zu handeln. Doch zwischen abgestimmten Handeln innerhalb festgelegter Spielräume und dem Ausspielen der Protagonisten gegeneinander durch Dritte liegen Welten. Will der Kunstkäufer das Gefühl vermittelt bekommen, im Atelier „günstiger“ zu erwerben, kann er ohne weiteres in seinem Ansinnen bestätigt werden: Es wird ein moderater Preisnachlass gewährt. Dass dieser bei entsprechender Verhandlung auch in der Galerie zu haben gewesen wäre, ist dabei unerheblich. Wesentlicher ist der Kauf zu einem angemessenen Wert, d.h. der angestrebte Endpreis ist entscheidend und muss erreicht werden. Wie hoch dieser konkret zu beziffern ist, ist aus der bisherigen Marktposition des Künstlers, seiner Ausbildung, der künstlerischen Wertigkeit seines Schaffens, Vergleichbarkeiten mit anderen Kunstschaffenden etc. in einer Gesamtschau zu ermitteln, ergänzt um die Erfahrung des Galeristen, welchen Preis er am Markte durchzusetzen glaubt. Am Galeristen vorbei und damit deutlich unter Wert zu verkaufen, mag zwar augenblicklich die Liquidität der Künstlerin erhöhen, schmälert aber insgesamt den Marktwert ihrer Werke wie auf die Dauer ihren Ruf als verlässlicher Vertragspartnerin beträchtlich.

Klare vertragliche Vereinbarungen lassen Handlungsfreiräume offen, eine Preisgarantie sollte zumindest für die Dauer der Ausstellung und einen fixen Zeitraum nach Ende gelten. Schafft es der Galerist, Interesse beim Publikum für den Künstler und seine Werke zu generieren, sollten Regelungen einer auch finanziellen Partizipation des Galeristen im Vermittlungsfalle bei aliud – Verkäufen, d.h. bei Käufen nicht ausgestellter Werke, getroffen werden. Fairness zahlt sich hier durchaus für den Künstlerin aus.

Ein Praxisbeispiel mag zum Ende die Problematik des isolierten Atelierverkaufs nochmals eindrucksvoll umreißen:

Ein regional bekannter Sammler kaufte in dem Wissen um die bestehende Galerievertretung direkt beim Künstler im Atelier und handelte den Künstler in einer langen Verhandlungsnacht um satte 60 % des Galeriepreises für ein wunderbares Werk herunter. Für den Künstler war dies noch immer ein akzeptables Geschäft, erhielt er ohnehin den Galeriepreis nur anteilig zur Hälfte nach Abzug diverser Kosten, es handelte sich zudem um ein Großformat, welches auch zu den neuen Bedingungen einen noch überaus beachtlichen Zahlenwert aufs eigene Konto einbrachte. Nach Hängung sollte dann das Werk und sein Erwerb(er) mit einem kleines Fest gebührend gefeiert werden, Freunde und Geschäftspartner, aber auch Künstler und Galerist waren vom Sammler eigens geladen, in einer launig- weinseligen Rede preiste der Kunstgönner dann in der Festrede überraschend vor allem sein Verhandlungsgeschick und benannte öffentlich den durch sein Verhandlungsgeschick erzielten Rabatt, höflichst dankend dem Entgegenkommen des Künstlers – und dieser drohte in jeder Hinsicht vorgeführt schier im Boden zu versinken…

(ck2010)