Fragestunde Recht und Ökonomie I.

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I. Künstlerleben – Welche Perspektive eröffnet meine Kunst?

Stipendien zwischen Förderung und Rettungsanker.

Wie überlebt mich mein Werk? Der Künstlernachlass.

Kommunale Kulturförderung: Institutionelle Förderung vs. Projektförderung.

 

II. Kunstschaffen – Welchen Grenzen begegnet meine Kunst?

III. Kunstwerte – Welchen Preis hat meine Kunst?

IV. Kunstmärkte – Wer platziert meine Kunst?

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Stipendien zwischen Förderung und Rettungsanker.

Teilen Kunststudierende zu Studienzeiten das Los der meisten Studierenden auch anderer Fachrichtungen, mit doch eher übersichtlichen Mitteln das tägliche Leben bestreiten zu müssen, ändert sich dieser Umstand für die Gruppe der Künstler zumeist auch nach offiziellem Berufseintritt („Freie Künstler/-in“) nicht wesentlich. Im Gegenteil, stand einem an der Akademie wenigstens noch ein Arbeitsplatz zur Verfügung und konnte man recht unproblematisch auf eine gewisse Infrastruktur zurückgreifen, steht man nun plötzlich vor der Herausforderung, sich um eine geeignete Arbeitsräumlichkeit ebenso zu kümmern wie die erforderliche Infrastruktur aufzubauen und zugleich das (Über-)Leben finanzieren zu müssen.

Zur Wahrung und Sicherung der kulturellen Vielfalt hat sich in Deutschland eine differenzierte Landschaft der staatlichen Kunst- und Kulturförderung entwickelt. Dabei sind die Formen denkbarer Bezuschussung überaus vielfältig, die Spanne reicht von der Künstlereinzelförderung und der Förderung von Projekten, über Kunstpreise, Jahres- und Arbeitsstipendien, von Atelierförderprogrammen und Aufenthaltsstipendien und dem öffentlichen Ankauf von Kunstwerken, von der Kunst am Bau bis hin zur Kunst im öffentlichen Raum.

Für die junge Künstlerin, den jungen Künstler bieten insbesondere Jahres- und Arbeitsstipendien in Form finanzieller Zuwendungen eine elegante Möglichkeit, der künstlerischen (Weiter-)Entwicklung zu dienen und zugleich den Lebensunterhalt zu sichern. Eine Sonderform stellt das sog. Aufenthaltsstipendium dar, durch das dem Kunstschaffenden ein zeitlich klar umrissener Aufenthalt in einer speziellen Stätte im Inland oder auch im Ausland ermöglicht werden soll, dies nicht zuletzt in der Absicht, der Künstlerin/dem Künstler ein inspirierendes Umfeld in neuer Umgebung und die bewusste Begegnung zu anderen zu ermöglichen und auf diese Weise Austausch und Diskurs, aber auch die persönliche Vernetzung zu fördern.

Bei Stipendien kommt neben den genannten Aspekten aber noch ein weiterer hinzu, der unmittelbar in der Vita sich prominent festzusetzen geeignet ist:

So werden Stipendien nicht mit der Gießkanne vergeben, sondern unterstehen regelmäßig konkreten Ausschreibungsbedingungen und setzen eine persönliche Bewerbung und/oder einen entsprechenden Vorschlag durch eine Institution oder sonst wie offizielle Stelle voraus. Mit anderen Worten, fast jedes Stipendium darf somit ohne weiteres auch als Auszeichnung für bisheriges Schaffen gesehen werden und wertet allein schon durch die offizielle Zuerkennung den Lebenslauf nachhaltig auf.

Und noch zum Schluss noch etwas: Nicht selten enden Stipendien mit einer Ausstellung, d.h. der Schaffung von Öffentlichkeit für das künstlerische Wirken der Stipendiaten, flankiert durch mehr oder weniger sachverständige Laudationes zur Eröffnung und berichtenden Presseartikel lokaler, regionaler, manchmal auch überregionaler Zeitungen und Fachmagazine.

Das Land Rheinland-Pfalz gewährt im Bereich der Bildenden Künste diverse Zuschüsse und finanzielle Unterstützung. Einen Überblick über aktuelle Programme findet sich auf der Seite Kulturland rlp im Bereich Bildende Kunst. Voraussetzung für die dort gelisteten Förderungen ist in allen Fällen eine abgeschlossene künstlerische Ausbildung (Studium) sowie eine anschließende, regelmäßige künstlerische Tätigkeit von ein bis drei Jahren. Unterstützt werden folgende Disziplinen: Malerei, Plastik, Installation, Zeichnung, Grafik, Design, Fotografie sowie Neue Medien und Theorie.

Es wird dringend angeraten, die Ausschreibungsmodalitäten zu beachten und geforderter Unterlagen gleich wie gefordert mit einzureichen, unvollständige Unterlagen finden zumeist keine Berücksichtigung.

 

Wie überlebt mich mein Werk? Der Künstlernachlass.

Auf den ersten Blick scheint das Thema vielleicht geradezu deplaziert, ist eine jede/ ein jeder doch eher gerade damit beschäftigt, mühsam im Kunstmarktgeschehen Fuß zu fassen. Und nun dies – die Auseinandersetzung mit Tod und Nachlass.

Die Grundprämissen sind dabei über jeden Zweifel erhaben: Auch Künstler sind sterblich. Der Zeitpunkt des Todeseintritts ist unbestimmt.

Der Praxisblick zeigt: Einige Wenige sichern sich zwar bei entsprechendem Vermögensstand den eigenen Ruhm sowie das materiell fassbare Lebenswerk der Nachwelt durch die Errichtung einer Stiftung oder –ungleich profaner, allerdings auch deutlich weniger kostspielig – durch Einrichtung einer Testamentsvollstreckung oder ähnliches, und sichern damit vor allem eines, nämlich dass es zukunftsgerichtet jemanden gibt, der sich um den Nachlass kümmern will oder noch wirkungsvoller kraft Amtes kümmern muss. Der Großteil der lebenden Künstler aber regelt in dieser Hinsicht allenfalls rudimentär Weniges oder gleich gar nichts. Hält man sich den Grundsatz vor Augen, dass auch ein Künstler wie jeder andere Bürger beerbt wird und zudem der künstlerische Nachlass keinen erbrechtlichen Besonderheiten unterliegt, scheint die Herausforderung für die Hinterbliebenen ohnehin eher überschaubar. Aber ist das wirklich so?

In der Praxis lassen insbesondere zwei Aspekte den Künstlernachlass zumindest eigentümlich erscheinen und eine vertiefte Inaugenscheinnahme auftretender Phänomene an dieser Stelle rechtfertigen: Zum einen ergeben sich nicht unerhebliche Problemstellungen aus der besonderen Form der Nachlassgegenstände, also der hinterlassenen Kunstwerke an sich respektive vererbter Rechte, zum anderen aber erhöhen wundersam anmutende Eigenheiten des Kunstmarktes und der Kunstproduktion selbst die Herausforderungen an eine rechtlich korrekte Nachlassabwicklung. Im Fokus der Betrachtung stehen dabei im folgenden weniger die üblicher Weise in der juristischen Diskussion vorgetragenen normativen, erb- und steuerrechtlichen Gesichtspunkte, sondern vielmehr handlungspraktische Erwägungen, mit denen ein Künstler das eigene Schaffen begleitend, wenn man so will, wichtige Weichen stellen kann – und zugleich potenziellen Erben die Nachlassbewältigung deutlich erleichtert.

Um die Situation und unser Anliegen möglichst anschaulich zu machen, möchten wir im Folgenden die Perspektive wechseln und uns einmal für einen Moment versetzen in die Situation der Hinterbliebenen:

„Nur der lebende Künstler kann eigenständig Entscheidungen treffen.“

Dass gerade diesem Umstand, mithin dem Treffen individueller Entscheidungen durch den Künstler, zur Überraschung vieler Beteiligter eine besonders positive Bedeutung zukommt, zeigt sich spätestens dann innerhalb weniger Stunden, wenn dieser Künstler eines Tages sein Leben aushaucht und das Feld freimütig anderen Akteuren zu hinterlassen gezwungen ist.

Die Todeskunde ist kaum verhallt, Betroffenheit noch allenthalben auf den Gesichtern, da greifen die unterschiedlichsten Begehrlichkeiten bereits um sich. Und es drängeln erwartete wie auch nicht selten überraschende Akteure ins Rampenlicht: die trauernden Eltern, Kinder, Ehefrauen, Ehemänner, die verlassenen Exfrauen und -männer, Mitstreiter, Gläubiger, Sammler, Galeristen, Kunsthändler, Vermieter, die Finanzverwaltung nicht zu vergessen …

Im Mittelpunkt stehen freilich zuvorderst die potenziellen Erben oder die, die sich dafür halten. Räume voller Kunst vor Augen, ist es nicht mehr weit zum Traum vom „großen Geld“. Doch noch unter dem berauschenden Eindruck des vermeintlichen Reichtums tauchen erste Schatten auf: ‚Was ist eigentlich mit dem Atelier? Diese Hallen wollen bezahlt sein, das wird doch sicher einiges kosten? Wie der Kostenfalle entrinnen? Wohin aber mit der Kunst und all den Möbeln, Fundstücken, Arbeitsmitteln, nicht zuletzt der persönlichen Habe des Verblichenen?’ Die aufziehenden Schatten werden immer länger: ‚Wer hat eigentlich Zutritt zu den Räumen, wer verfügt über Schlüssel zum Atelier, wer zu den Privaträumen?’ In Betracht kommt von den Mitgliedern der Ateliergemeinschaft über neue und alte Freunde bis hin zu Künstlerkollegen und Hausverwaltern ein offenbar nicht geschlossener Kreis unterschiedlichster Menschen. ‚Gehören nicht Schlösser unmittelbar ausgetauscht, um ungewollte Verluste zu vermeiden?’

Und dann – einen Moment später – eine weitere schreckensvolle Erkenntnis: ‚Hat der Verstorbene eigentlich Schulden, noch offene Verbindlichkeiten, Kredite privater wie geldinstitutioneller Natur, ausstehende wie gestundete Bafög-Rückzahlungen, Steuerrückstände etc.? Und hat der Verstorbene nicht auch Bilder verliehen, in noch laufenden Ausstellungen hängen, als Leihgaben in Privathäusern, kommerziell zur Verfügung gestellt für Hotels und Büroräumlichkeiten? Gibt es da vielleicht irgendetwas Schriftliches? Besteht eigentlich ein Testament, wurde der letzte Wille wahrhaft rechtsgültig festgeschrieben?’ Und dann noch die unmittelbar zu klärenden Sachfragen, die Trauerfeier vorneweg. ‚Wer soll sich darum kümmern, wer übernimmt die nicht unerheblichen Kosten oder zumindest deren Vorfinanzierung für das vom Verblichenen so gewünschten Abschiedsfestes?’

Kurzum, binnen Kürze erreicht die Konfusion bei den möglichen Erben einen Höhepunkt, nicht selten werden erste, wenn zumeist auch nur schwache Gedanken dem Ausschlagen des Erbes gewidmet. Viel Zeit zum Nachdenken bleibt den Hinterbliebenen aber in einer solchen Situation zumeist nicht, schon klopfen die ersten Außenstehenden an der Tür, Beileid wie ach so arge Betroffenheit murmelnd, aus echter Verbundenheit Erinnerungsstücke höflichst erbittend oder gleich schnell zum eigentlichen Anliegen kommend: Der Verstorbene habe ihnen etwa im Gegenzug zu ihrer Leistung xy ein Werk versprochen, dass zwar schon ausgewählt, aber noch nicht abgeholt sei („Sie wissen ja, es blieb einfach immer dabei!“) – und fordern es forsch heraus. Wer vermag zu beurteilen, inwieweit vage umrissene Ansprüche tatsächlich berechtigt sind.

Ehefrauen wie -männer und Kinder blicken voll Sorge in die Zukunft, ehemalige Partner vergangener Lebensabschnitte erinnern sich an ihnen zugeeignete Werke, im Trubel des Auseinandergehens versehendlich zurückgelassen vor langer Zeit; trauernde Eltern fürchten um den Ruf ihrer viel zu früh gegangenen Sprösslinge, wenn nun diese selbst die Definitionsmacht über ihr Leben anderen zu überlassen haben.

Auch der Galerist lässt sich nicht lange bitten, steht den Hinterbliebenen mit Rat und Tat zur Seite, gilt es doch im Prinzip, sich neuen Herren anzudienen und Kompetenz wie Handlungsgeschick in anfälligen Fragen zu zeigen. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, dem Galeristen, der oftmals alleinig vom Erblasser als vertrauenswürdig qualifiziert und als Mitstreiter geachtet wurde, kommt in diesen undurchsichtigen Zeiten angesichts der Gemengelage unterschiedlichster Interessen die nicht zu unterschätzende Funktion zu, zwischen den Parteien zu vermitteln und mit kühlem Kopf faktischen Notwendigkeiten Rechnung zu tragen, wenn er denn diese Rolle als die seine begreift.

Insgesamt ist es eine doch eher wundersam illustre „Interessenvereinigung“, die sich nach dem Ableben nach und nach zusammenfindet.

Betrachtungen zum Umfang des Nachlasses

Nicht nur die freudigen Erben, auch den Staat interessiert es aus erbschaftssteuerrechtlicher Sicht nicht unerheblich, den genauen Wert der Erbschaft bald möglichst in Erfahrung zu bringen und die hinterlassenen Kunstwerke insoweit möglichst eindeutig taxiert zu erhalten.

Geschätzt und bewertet wird dabei zunächst einmal nur, was zum Nachlass gehört Die konkrete Eruierung eben dieses Nachlassgutes stellt angesichts nicht selten stark diversifizierter Werkverortungen eine oft neben der Bewertung als solchen besondere Herausforderung dar. Eines noch vorab: Ein Hauptproblem in der Praxis besteht dann schon oft darin, geeignete Personen zu eruieren, die bereit und fachkundig sind, sich auf die Suche zu begeben.

Werke in Atelier, Archiv und Privaträumen

Im Prinzip erscheint hier alles ganz einfach: All dies, was sich in den Räumen des Erblassers befindet, dürfte sich als zum Nachlass gehörig erweisen. Je nach Persönlichkeitsstruktur, Arbeitsweise und Raumbedingungen kann sich dieses schöne Bild nun aber gänzlich als Trugschluss erweisen. Arbeitete der eine Künstler in steriler Umgebung, die Werke bebildert selbst archivierend, Verkäufe und andere geschäftliche Transaktionen sehr penibel dokumentierend, agiert der andere im kreativ geschaffenen und so empfundenen Chaos, fertige Werke neben Studien und Unvollendetem, Flohmarktartikel in Vielzahl als Inspirationsquellen allenthalben. Nicht zu vergessen dann noch all die Charaktere und Persönlichkeiten, die zwischen den Extremen sich bewegen. Nimmt man die eingangs schon umschriebenen Schwierigkeiten hinzu, Forderungen Dritter auf Herausgabe aufgrund vermeintlich bestehender Ansprüche zu berücksichtigen, kann schnell die gedachte Gewissheit über den Gesamtbestand ins Wanken geraten. Dabei darf in der Praxis auch der Aspekt nicht unterschätzt werden, dass im Laufe eines Künstlerlebens durchaus auch immer wieder an unterschiedlichen Schaffensorten „Abstellmöglichkeiten“ für Kunst gesucht und gefunden werden, wobei oftmals nur der Künstler sich noch erinnert, wo sich was befindet. Arbeitete der Künstler zumindest in Werkgruppen und inhaltlichen verbundenen Reihen, so lassen sich beispielsweise nicht selten Lücken durch die wieder Zusammenführung von Bildern erschließen, wobei es dann noch zu klären gilt, ob die als fehlend geführten Werke verkauft oder sonst geschäftlich überlassen oder tatsächlich temporär oder dauerhaft als verschollen zu gelten haben. Als wahrhaft nicht selten und vom Wesen her als besondere Herausforderung stellt sich die Aufgabe dar, salopp formuliert, Flohmarkttand von wahrer Kunst zu unterscheiden in all den Fällen, in denen der Verstorbene mit Künstlerfreunden, Akademiekollegen und anderen Werke getauscht und aufbewahrt hat. Ein Frühwerk Kippenbergers beispielsweise gleich neben einem christlichen Madonnenbild und zahlreichen gerahmten Zeichnungen unbekannter Herkunft in den ehemaligen Schlafgemächern, verborgen hinter Bücherstapeln und Fotografien wie Korrespondenzen und eingerahmt von diversen Dingen des täglichen Lebens – ein nicht leichtes Unterfangen hier zu einer sicheren Bestandsaufnahme zu kommen.

Werke in Galerien

Gibt es eine regelmäßige Geschäftsbeziehung zu einer oder mehreren Galerien, so ist davon auszugehen, dass sich im Gewahrsam der Galeristen noch Werke oder ganze Werkreihen befinden. Ob diese zu dem Nachlass hinzugerechnet werden können, entscheidet sich wesentlich durch die gewählte Form des Zusammenwirkens. Die Spannbreite reicht von einem Ankauf der vorgehaltenen Werke durch die Galerien und den Weiterverkauf an Kunstsammler und Interessenten auf eigene Rechnung bis hin zu Kommissionsverkäufen zugunsten des Künstlers abzüglich vereinbarter, zumeist prozentual am Verkaufserlös orientierter Provisionen. Während im ersten Fall durch den Ankauf die Werke nicht mehr dazu gehören, sind diese in der zweiten Variante regelmäßig dem Nachlass hinzuzuzählen. Da in vielen Geschäftsbeziehungen zwischen Galeristen und Künstlern Schriftlichkeit als eher entbehrlich eingestuft wird, entsteht hier eine nicht zu unterschätzende Grauzone.

Werke in laufenden Ausstellungen

Wenn es darum geht, den Gesamtnachlass festzustellen, sind insbesondere auch all die Werke zu berücksichtigen, die sich in Ausstellungen, auf dem Weg dorthin oder von dort zurück befinden. Klassische Einzelausstellungen oder entsprechende Gruppenausstellungen werden öffentlich angekündigt sowie von den Veranstaltern mit hohem Marketingaufwand beworben, insoweit dürften in der Mehrzahl der Fallgestaltungen Termine wie Örtlichkeiten sich weit reichend transparent erweisen. Die intendierte Bestandsfeststellung dürfte vor diesem Hintergrund regelmäßig unproblematisch vorgenommen werden können. Als problematischer erweisen sich beispielsweise längerfristig angelegte transnationale Freundschaften zwischen Künstlern und Künstlergruppen, hier werden oft Werke gegenseitig zur Verfügung gestellt, in regelrechten Materiallagern Ausstellungen oder dem Rücktransport harrend. Hier erweist sich bereits das reine Auffinden dieser Werke oftmals schon als glücklicher Zufall.

Geschäftsmäßig verwertete Werke

Auch Künstler generieren sich nicht selten als gewiefte Unternehmer, die mit durchaus kreativen Geschäftsmodellen das eigene Werk vorantreiben. Für die Eruierung des Nachlasses erweisen sich diese Transaktionen aber nicht selten als wenig transparent und nachvollziehbar. Da werden Werke an befreundete Menschen verliehen oder gar ganze Bürohäuser leihweise ausgestattet, um Öffentlichkeit zu schaffen für das Wirken des Künstlers, Orte referenziellen Charakters sozusagen absichtlich generiert, zu denen Interessenten geführt und die Kunst in faktischen Lebensräumen fern des galeristischen White Cube erlebt werden kann. Da werden zu unterschiedlichsten Bedingungen ganze Hotels mit Kunstwerken ausgestattet, schriftliche Fixierung auch hier Fehlanzeige. Mit fast schon detektivischem Spürsinn gilt es die Verbindungen zu erkennen, zu verstehen und Eigentumsverhältnisse zu klären.

Inventarverzeichnis/ Katalogisierung/ Wertbestimmung

Ziel vorangestellter Nachforschungen ist es, ein qualifiziertes und vor allem vollständiges Inventarverzeichnis zu erstellen, in dem alle zum Nachlass gehörenden Werke katalogisiert, möglichst auch fotografisch festgehalten sind. Dieses Verzeichnis stellt dann die faktische Grundlage dar für die nunmehr anschließende wertmäßige Bestimmung. Eine geldmäßige Bewertung von Kunstwerken ist nicht allein zivilrechtlich bei der Ermittlung von Pflichtteilsansprüchen, sondern auch – vielleicht sogar vor allem – in (erbschafts-) steuerrechtlicher Hinsicht erforderlich. Jedes Werk, welches das Inventarverzeichnis ausweist, ist nominell, also wertmäßig zu erfassen und hernach eine Gesamtsumme zu ermitteln. Im Rahmen dieses Beitrags ist es nicht möglich, die verschiedenen Wertermittlungsmethoden darzustellen oder gar zu diskutieren, festzuhalten ist allerdings, dass klassische Hilfsmittel der Bewertung wie historische Anschaffungskosten, der Versicherungswert oder der nach dem Bewertungsstichtag erzielte Kaufpreis zu zumindest unbefriedigenden Ergebnissen führen können, Wert bildende Faktoren wie Echtheit, Erhaltungszustand, Signatur, Provenienz, Marktfrische, Marktgängigkeit von Sujet und Format sowie eine fundierte Analyse von Angebot und Nachfrage auf dem Kunstmarkt daher angemessene Berücksichtigung finden sollten. Wesentlich aber ist, dass auch versierte Experten hier regelmäßig kaum in der Lage sind, binnen Stunden eine fundierte Zahlengröße zu ermitteln, Tage, Wochen, ja auch Monate der Feststellung und Bewertung sind nicht selten.

Doch ist unsere Aufstellung von Handlungsfeldern für die Hinterbliebenen bei weitem noch nicht vollständig, hier ein paar weitere Herausforderungen:

Nicht abgeschlossene Auftragsarbeiten/Vertragsmanagement

Nicht aus dem Blick geraten dürfen insbesondere fest vereinbarte, aber nicht abgeschlossene Auftragsarbeiten. Hier besteht das grundsätzliche Problem, dass derjenige, der künstlerische Arbeiten in Auftrag gibt, in der Regel von der Höchstpersönlichkeit der Auftragserfüllung ausgeht, mit anderen Worten dass ein Werk eines bestimmten Künstlers eben nur dieser Künstler schaffen kann, Warhols Factory- Ansätze einmal außen vor gelassen. Je nach Ausfertigungsstand ist über das weitere Vorgehen zu beraten und entscheiden, unumgänglich ist es aber, den Auftraggeber aber auf jeden Fall zeitnah über die geänderten Umstände zu informieren.

Zugesagte Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland

Am Markt etablierte Künstler treffen oftmals langfristig geplante Ausstellungsverabredungen wie Ausstellungsbeteiligungen, nicht selten Monate, teilweise auch Jahre im Voraus. Hier gilt es gegebenenfalls modifizierende Absprachen mit den Beteiligten zu treffen, insbesondere den Galeristen kommt hier eine herausragende Beraterfunktion zu. Eine Absage aller Ausstellungen per se dürfte sich auf die Wertentwicklung aber tendenziell eher negativ auswirken, weshalb Einzelfalllösungen dringend angezeigt sind.

Atelierauflösung & Zwischenlagerung

In Aufwand und Organisation von den Hinterbliebenen nicht selten maßlos unterschätzt werden die notwendigen Aktivitäten rund um die Atelierauflösung. Hier geht es zum einen darum, persönliche Habe von der Kunst zu trennen, vor allem aber letztere fachgerecht anderweitig unterzubringen. Räumlichkeiten, die sich dem konkreten Werk entsprechend klimatisieren lassen, sind ebenso selten wie kostspielig anzumieten, akzeptable Zwischenlösungen gilt es zu finden, wobei sichergestellt werden muss, dass die Werke für autorisierte Personen wie die Galeristen zugänglich bleiben. Den Hinterbliebenen wird schnell deutlich, dass es neben dem Abschluss einschlägiger Versicherungen auch zu Vorfinanzierungen etc. kommen muss, will man Mindeststandards in dieser Frage sichern, all dies freilich getragen von der Hoffnung, dass sich eine Refinanzierung der getragenen Kostenposten aus dem Erbe ergeben wird. Eine Gewähr dafür gibt es nicht. Und Künstlererben sind auch nicht unbedingt stets wohlhabend.

Weitergehende Rechte/Folgerechtsgesichtspunkte

Ohne im Rahmen dieses Beitrags die Einzelheiten näher ausführen zu können, in Fragen von Urheberrechten oder auch den Folgerechtsbestimmungen gibt es erfahrungsgemäß bei den Hinterbliebenen große Unsicherheiten, die oftmals auf nur vagen Kenntnissen hinsichtlich dieser Themenkreise beruhen, eine fundierte Aufklärung scheint hier ebenso unverzichtbar wie das Aufsetzen eines professionalisierten Rechte- Managements, in welchen Agitationsmodellen im Einzelnen auch immer. Nicht selten nutzt der Kunsthandel Todesmeldungen von Künstlern, um in den Lagern schlummernde Werke zeitnah dem Markte zuzuführen, was sich als besonderes Problem in Sachen Marktpreis und Werterhalt erweisen kann, zumindest aber unter Folgerechtsgesichtspunkten möglicher Weise eine bewusste Geltendmachung von entsprechenden Ansprüchen erfordern kann.

Umgang mit unsignierten Werken

Eine besondere Herausforderung in der Praxis stellt des Weiteren der Umgang mit unsignierten Werken dar. Äußerungen wie „Das ist doch fertig. Er hat es gesagt.“ stehen stetig wiederholten Äußerungen im persönlichen Gespräch mit involvierten Personen diametral entgegen, dass nämlich nur eigenhändig signierte Werke als autorisierte und für den Handel bestimmte Werke zu gelten haben. Hier ist oftmals guter Rat teuer, der Einzelfall wird entscheidend sein, im Zweifel – vor allem dann, wenn ansonsten über Jahre und Jahrzehnte lückenlos nur signierte Werke dem Handel übergeben wurde – sollte der Annahme der Unvollendung (und nicht Handelbarkeit!) Vorrang gewährt werden.

Fazit

Der Künstlertod stellt für alle Betroffenen im Umfeld eine Ausnahmesituation dar. Verschiedenste Interessen und Befindlichkeiten treffen aufeinander. Die besonderen Spielarten des Marktes für Kunst sowie werkimmanente Eigentümlichkeiten, allein schon bezüglich nicht verhandelbarer Erfordernisse an Aufbewahrung und sachgemäßer Behandlung ergeben sich vielerlei Herausforderungen praktischer Natur, die es neben den rechtlichen Fragestellungen von den Beteiligten zu meistern gilt.

Die Künstlerin/ der Künstler hat es aber in der Hand, Transparenz über das eigene Schaffen wie über vertragliche, finanzielle, ökonomische Aspekte weit reichend zu gewährleisten. Dies kann zum einen schon durch einen fortlaufend wie gewissenhaft geführten Ordner über getroffene Vereinbarungen und Verträge sein, ergänzt um wesentliche Gesprächsprotokolle, um Werks- und Verleihlisten etc.

Und seien wir ehrlich – auf diese Weise wird nicht nur den Erben die Ordnung etwaiger Hinterlassenschaften erleichtert, auch das eigene Wirken zu Lebzeiten gewinnt durch die Strukturierung zumeist erheblich an Professionalität.

 

Kommunale Kulturförderung: Institutionelle Förderung vs. Projektförderung.

Kunst und Kunstschaffen ist ohne Öffentlichkeit kaum denkbar, Kunst braucht regelmäßig Raum, Schaffensräume im engeren wie Gegebenheiten oder Freiräume im weiteren Sinne, die das Kunstschaffen als solches ermöglichen oder Öffentlichkeit für das Geschaffene herstellen. In diesem Sinne sind Künstlerinnen wie Künstler immer und immer wieder auf der Suche nach Orten, zum Ausstellen, zum Arbeiten, zum Austausch – und bei allem privaten Engagement, dem eigenen Wirken und Bewegen sind oftmals enge Grenzen gesetzt, finanzielle Möglichkeiten nehmen sich im Grundsatz bescheiden aus, auch hoffnungsfroh gestartete Initiativen kommen schnell an Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit. Und spätestens dann wendet sich nicht selten der Blick den Verantwortlichen im heimatlichen Kultur- und Gemeinwesen zu, doch warum und unter welchen Vorraussetzungen werden hier eigentlich Gelder verteilt. Ein kleiner, zugegebener Maßen stellenweise vereinfachter Überblick zur ersten Orientierung:

Starten wird vielleicht zunächst mit einem Blick in die hiesige Landesverfassung (Verfassung für Rheinland-Pfalz):
Artikel 40
(1) Das künstlerische und kulturelle Schaffen ist durch das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände zu pflegen und zu fördern.
(2) Die Erzeugnisse der geistigen Arbeit, die Rechte der Urheber, Erfinder und Künstler genießen den Schutz und die Fürsorge des Staates.
(3) Der Staat nimmt die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft in seine Obhut und Pflege. Die Teilnahme an den Kulturgütern des Lebens ist dem gesamten Volke zu ermöglichen.
(4) Der Sport ist durch das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände zu pflegen und zu fördern.
Quelle: http://rlp.juris.de/rlp/gesamt/Verf_RP.htm; zuletzt aufgerufen am 27.10.2010 um 10.08 h.

Die Zuschreibung ist eindeutig, unzweifelhaft ist also die Aufgabe des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände, das künstlerische und kulturelle Schaffen zu fördern. Was immer dies sein mag, konkret gilt es im Folgenden der Frage nachzugehen, wie Land und Kommunen diese ihnen angetragenen Aufgaben in der Wirklichkeit ausfüllen.

Das Land Rheinland-Pfalz hat neben der für diese Thematik maßgebliche Förderrichtlinie Kultur (online verfügbar unter http://www.kulturland.rlp.de/files/Foerderrichtlinie_Kultur.pdf) insbesondere einen sog. Leitfaden zur Kunstförderung (im Internet unter: http://www.kulturland.rlp.de/node/63) erarbeiten lassen, der einen guten Überblick über Aufgaben und Ziele einer Landesförderung, über Art und Voraussetzungen des Fördergegenstandes wie über den Kreis der Förderwürdigen ebenso Auskunft erteilt wie insbesondere über das Wie der Förderung. Zentral sind dabei in der Zusammenschau mindestens drei Feststellungen:

1. Die Gewährung von Zuschüssen oder finanzieller Unterstützung erfolgt im Rahmen zur Verfügung stehender Haushaltmittel,
2. förderungsfähig sind dabei Publikationen sowie Projekte im Bereich der Bildenden Kunst, die inhaltlich abgrenzbar wie zeitlich begrenzt angelegt sind, und zudem ist
3. eine formale Antragstellung erforderlich.

Unter Punkt 1.2 der oben bereits erwähnten Förderrichtlinie Kultur ist dabei unverrückbar festgeschrieben, dass es grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf die Gewährung von Zuwendungen gibt. Stattdessen entscheidet die jeweilige Bewilligungsbehörde im Rahmen der verfügbaren Haushaltmittel nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage eines fachlichen Votums des für Kulturangelegenheiten zuständigen Ministeriums, so heißt es dort nett im Juristendeutsch. „Ermessen“ bedeutet aber oftmals in der Praxis auch reale Chancen, das sollte nicht verkannt werden, schauen wir also weiter.

Im Bereich des kommunalen Kulturauftrages, der sich bezieht auf kommunale Kultureinrichtungen sowie die kulturellen Ressourcen einer Kommune in ihrer Gesamtheit, also auch Vereine, Künstler, Initiativen etc. einschließt, umreißt die genannte Förderrichtlinie Kultur nun wiederum den rechtlichen Rahmen. Für die Kommunen heißt dies in finanztechnischer Hinsicht, bevor eine Gemeinde Gelder für Kulturbelange überhaupt ausgeben kann in Form von Zuschüssen etc., muss eine haushaltsrechtliche Grundlage geschaffen sein, d.h. in dem regelmäßig als Satzung verabschiedeten Haushalt einer Kommune müssen entsprechende Mittel der Höhe nach ausgewiesen sein, sollen diese hernach etwa für den Betrieb kultureller Einrichtungen etc. verwendet werden. Gibt es keine haushaltrechtliche Grundlage, sind also keinerlei Mittel in der Haushaltssatzung ausgewiesen, besteht von vornherein kein Anspruch freier Träger auf Gewährleistung von Zuwendungen.

Auch wenn in Rheinland-Pfalz die „Kulturförderung“ nicht als sog. „Pflichtaufgabe“ insbesondere der Kommunen ausgestaltet ist, sondern als sog. „freiwillige Leistung“ gilt, sind die Kommunen freilich dennoch angehalten, im Rahmen des Möglichen kulturelle Daseinsvorsorge und Kulturpflege zu betreiben. Hier kommen nun aber verschiedenste Aspekte hinzu. Die Spanne der von den Kommunen bereitgehaltenen Kulturangebote reicht typischerweise vom Betrieb von Theatern, Museen und Ausstellungsräumen bis hin zu vielfältigsten Angeboten der durch die Kommunen betriebenen Volkshochschulen. Und daneben tritt dann noch die sonstige, nicht selten auf bürgerlichem Engagement basierende, ja oft auch freie Kulturszene. Auf der anderen Seite verschärft sich in Zeiten der offenbar permanent schwierigen Haushaltslagen seit Jahren die Auseinandersetzung, wie viel Kunst und Kultur sich als „freiwillige Aufgabe“ leisten können oder leisten wollen. Hier bekommt das Geschehen auch eine politische Komponente, die im Rahmen von Abstimmungen und Wahlen zumindest mittelbar beeinflussbar – und mithin nicht per se gegeben – ist.

Gehen wir an dieser Stelle einmal davon aus, dass der Haushalt im beschriebenen Sinne eine konkrete Geldsumme für den Bereich „Allgemeine Kulturförderung“ ausweist, so umreißt dieser faktisch allein den Spielraum für behördliches Ermessen, die Verwaltung kann die Gelder satzungsgemäß ausgeben, keineswegs aber besteht für Vereine, Initiativen etc., wie schon oben gesehen, auch hier kein Anspruch auf Mittelzuweisung, die Kommune kann Gelder auch schlicht als „Feuerwehrtopf“ zurückhalten, sollten sich im Satzungszeitraum zwingend erscheinende Brandbekämpfungsnotwendigkeiten im bestehenden Kultursektor ergeben, es besteht regelmäßig keineswegs ein Verwendungszwang für die eingestellten Mittel für die Verwaltung.

Aus all dem ergibt sich folgendes Bild in der Praxis: Aufgrund leerer Kassen scheuen die Kommunen das Eingehen längerfristiger Verpflichtungen, dies bedeutet, dass Vereine und Initiativen oftmals nicht (mehr) als Institution gefördert werden, sondern allein auf die Möglichkeit verwiesen werden, einzelne Ausstellungen oder zeitlich befristete Ausstellungsprogramme auf Antrag per Einzelbewilligung zuerkannt zu bekommen, für bestehende Förderungen gibt es teilweise noch einen gewissen Bestandschutz, neu hinzutretende Akteure werden in der Regel vor Wände laufen, wird eine institutionelle Förderung geltend gemacht.

Dennoch sollte gewisse Fairness auch in diesen Belangen gezeigt werden. In Zeiten knapper Kassen kann nicht Geld per Gießkanne verteilt werden, dies dürfte jedem klar sein. Jeder Akteur hat die Möglichkeit, sich an den Ausschreibungen oder Antragsrunden zu beteiligen. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass sich Innovationskraft, Vernetzung, Präsenz und vor allem persönliche Beharrlichkeit, ja gewisse Unerschütterlichkeit neben begleitender permanenter Qualitätsdarstellung des Programms im Einzelnen, oft auszahlen, und dass sich nicht selten Möglichkeiten eröffnen, die über die dem Kulturetat zugeordneten Mittel hinausgehen. Die Herabsetzung von Mietzinsen für kommunale Liegenschaften, die kostenfreie Überlassung öffentlicher Plätze und Orte zur temporären Nutzung, die Veröffentlichung von Programmen und Terminen in kommunalen Distributionsmedien etc., es gibt viele Möglichkeiten der aktiven Unterstützung durch die Kommune. In einer Zusammenschau ergeben sich dann oftmals Bilder, die zwar bei weitem nicht den (oft in der Sache berechtigten) Wünschen und Hoffnungen der Handelnden Rechnung tragen, aber doch nicht selten trotz allem Wertschätzung und faktische Unterstützung im „machbaren“ Bereich durch Land und Kommunen darstellen. Dies sollte nicht aus dem Blick verloren gehen.