Ein Kommentar zum Besuch der Ausstellung von Sara Nabil im Studio der Kunsthalle Mannheim am 17.08.2022
Die aus Afghanistan stammende Künstlerin, Politikwissenschaftlerin und Menschenrechtsaktivistin Sara Nabil begann bereits als Jugendliche in ihrem Heimatland, Kunst als Mittel des politischen Protests zu nutzen. Sie setzt sich verstärkt für die Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen in Afghanistan ein, insbesondere seit der erneuten Machtübernahme der Taliban im August 2021. In ihren Fotografien, Performances und Installationen beschäftigt sich Sara Nabil mit den Themen Flucht und Identität und untersucht verschiedene Aspekte der systematischen Unterdrückung von Frauen durch das totalitäre Regime ihres Heimatlandes.
Im Studio der Kunsthalle Mannheim präsentiert die Künstlerin eine Fotoreihe und eine Videoinstallation, die ihre Performance zur Eröffnung der Ausstellung dokumentiert.
Alle drei Installationsvideos zeigen aus verschiedenen Winkeln, wie die Künstlerin langsam und im Hintergrund von Schreibmaschinengeräuschen begleitet, ihre langen dunklen Haare abschneidet. Strähne für Strähne, mal sorgsam ausgewählt, mal rasch aus der Haarmenge herausgegriffen, später auch mit einem elektrischen Rasierer. Sorgsam und bestimmt schneidet und rasiert sie ihr Haar, bis das letzte Haarbüschel zu Boden fällt. Zum Abschluss läuft die Künstlerin zum Publikum, eine große Glasschachtel und eine Schere in den Händen haltend. Sie bittet ihr Publikum um ein Haaropfer, als Zeichen der Solidarität mit afghanischen Frauen und denen, die ein gleiches Schicksal erlebt haben.
Beim Ausstellungsbesuch des Kunst-Mentoring-Netzwerks am 17.08.2022 ergab sich eine lebendige Diskussionsrunde mit der Künstlerin. Sara berichtete von persönlichen Erfahrungen, von der Flucht aus Afghanistan, Androhungen, von der Kunstszene in Afghanistan und den politischen Aktionen ihrer Kolleginnen. Mit ihrer eigenen Performance äußert Sara Nabil Kritik an patriarchalen Strukturen, die den weiblichen Körper instrumentalisieren und für politische Ideologien und Machtkämpfe ausnutzen. Sie sieht in ihrer Kunst Möglichkeiten, politische Arbeit leisten zu können und die Kontrolle über ihre eigene Identität und die Selbstbestimmung über ihren Körper zurückzuerobern.