Eva Maria Marcus – Recherche von Cornelia Renz

Die Künstlerin Eva Maria Marcus (1889 – 1970), Mitglied des Vereins der Berliner Künstlerinnen 1867, hinterließ nach ihrem Tod die Verfügung, mit ihrem Erbe ältere, bedürftige Berliner Künstlerinnen zu unterstützen. Ihr Vermächtnis ist kollegial. Doch erst wenn man weiß, dass sie als Künstlerin jüdischer Abstimmung unter der NS-Herrschaft aus dem VdBK 1867 ausgeschlossen wurde, erschließt sich die Großzügigkeit ihrer versöhnlichen Geste. Trotzdem fehlt bislang ihre Biografie im Online-Lexikon des Vereins, da ihr Leben und Werk nicht erforscht sind.

Meine Recherche steht im Kontext meiner Vorstandstätigkeit im VdBK 1867. Unser Verein vertritt nicht nur die Interessen seiner 70 aktuellen Mitglieder, sondern pflegt auch sein kulturelles Vermächtnis und zeigt die Werke seiner historischen Mitglieder. Der Fokus liegt momentan auf den Künstlerinnen, die unter der NS-Herrschaft aus unserem Verein ausgeschlossen wurden. Wichtig ist uns, dass diese nicht nur im Kontext ihrer zum Teil tragischen Schicksale erinnert werden, sondern dass ihre künstlerische Qualität und ihr aktiver Beitrag zur damaligen Kunstszene gezeigt werden. Doch genau diesen Anspruch können wir nur einlösen, wenn es gelingt, ausreichend Bild- und Forschungsmaterial zu unseren Mitgliedern zu finden.

Als Vorstand des VdBK 1867 sind wir auch mitverantwortlich für die von Eva Maria Marcus gegründete Stiftung. Da ich mich selbst seit langem im Verband mit Kolleginnen für mehr Sichtbarkeit für sich als weiblich definierende Kunstschaffende einsetze – u.a. eben als Vorstandsmitglied des Vereins der Berliner Künstlerinnen 1867 – war ich von der Kollegialität der Künstlerin Eva Maria Marcus, die sich trotz ihres Schicksals über ihren Tod hinaus für ihre Kolleginnen einsetzt, beeindruckt. Bislang fehlt eine Anerkennung für ihre Leistung. Das wollen wir jetzt zumindest mit einem profunden Beitrag zu ihrem Leben in unserem Online-Lexikon ändern.

Im Laufe meiner Recherche konnte ich nachvollziehen, welches Unrecht ihr in den NS-Jahren zugefügt wurde, aber auch, wie sie trotz Arbeitsverbots weiter arbeitete und bereits kurz nach dem Krieg und ihrer Rückkehr nach Deutschland wieder ausstellte. Doch dies war nur anhand von Dokumenten zu verfolgen, nicht durch (wieder)gefundene Werke. Zum Glück lagen bereits, wie bei anderen historischen Mitgliedern unseres Vereins, erste Rechercheergebnisse von Sammler*innen vor, die zu den Künstler*innen ihrer Sammlung forschten. Beim Studium der Unterlagen zu Eva Maria Marcus, die im Zuge der Erforschung und Rekonstruktion des im Krieg verloren gegangenen Archiv unseres Vereins – ein zweijähriges Forschungsprojekt anlässlich der 125- Jahr-Feier des VdBK 1867 – die der Verein 2010 der Akademie der Künste übergab, fand ich neben den Dokumenten zum Leben von Marcus auch eine solche Recherche.

Ihre Familiengeschichte lässt sich mit den Unterlagen in der Akademie der Künste verfolgen. Sie selbst kämpfte vergeblich mit diesen Dokumenten Mitte der 1930‘ dafür, weiter ausstellen zu dürfen und legte der Reichskulturkammer diese Papiere vor, die die nationale Gesinnung und christliche Rechtschaffenheit ihrer Familie bezeugen. Diese Dokumente und Unterlagen zu ihrer Inhaftierung und ihren erlittenen Kriegs- und Ostschäden, die auch den Ausmaß des Verlustes an Arbeiten zeigen, wurden von der Evangelischen Hilfsstelle für ehemals Rasseverfolgte bewahrt und waren Teil ihres Erbes.

Der Sammler hingegen rekonstruierte ihre Studienzeit von 1913-1917 an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin, eine Vorgängerinstitution der heutigen Universität der Künste. Dort studierte sie gemeinsam mit Hannah Höch und Georg Grosz bei dem namhaften Prof. Emil Orlik. Er sammelte auch Belege für ihren künstlerischen Wiederanfang in Deutschland nach dem Krieg in Hannoversch Münden, wo sie als ‚Ostflüchtling‘ in den Bund Bildender Künstler für Nordwest Deutschland aufgenommen wurde. Ich kontaktierte ihn; er war Besitzer weniger Holzschnitte und Ölbilder, die mittlerweile wieder verkauft waren. Er vermittelte mich zu einem Kollegen, der über die Jahre einen immensen Wissens- und Sammlungsfundus zu deutschen Künstlerinnen, die zwischen 1900 und 1939 mit dem Medium des Farbholzschnitts experimentierten, aufgebaut, erforscht und publiziert hatte (Das Haus der Frau – The lives of the first generation of pioneering with colour woodblock printmaking (“Farbholzschnitt”) German women artists). So kann zumindest im Vergleich mit anderen erhaltenen Werken der Zeit vorsichtig eine erste Einordnung ihrer Farbholzschnitte erfolgen.

Nach einem erfreulich effizienten Schriftverkehr mit einer Reihe Schwedischer Behörden, konnte ich die Erben der Erbin – die Unterlagen im Archiv der Künste nennen die Erbin der verbliebenen Arbeiten von Eva Maria Marcus – ermitteln und anschreiben. Das Anschreiben war erfolgreich: Sieben verloren geglaubte Werke von Eva Maria Marcus geben einen Einblick in ihr Nachkriegswerk.