Einmischungen

Kulturpolitische Beobachtungen und Desiderate
Anliegen / Erwartungen / Forderungen / Empfehlungen
Stand: 04.11.2013, Kauber Netzwerktreffen
Die Beobachtungen und Desiderate werden im Verlauf der zukünftigen Netzwerktreffen fortgeschrieben.

Selbstverständnis I – Was uns eint:
*    der Wille zum Erfolg: jede/r Einzelne verschreibt sich der kontinuierlichen persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung, dem gezielten professionellen Austausch und der Weiterbildung im Sinne des Mentoring
*    die faire und elegante Art und Weise unsere Ziele zu verfolgen
*    die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
*    die Einmaligkeit der künstlerischen Positionen
*    die Professionalität der Darstellung und Konzeption
*    den Respekt vor dem geistigen Eigentum eines/r Jeden
*    die Absicht, uns gegenseitig zu fordern und zu fördern
*    die Zusage, das Netzwerk sozial und gerecht zu nutzen und im kollegialen Miteinander das Geben und Nehmen im Fluss zu halten
*     die Hochachtung vor unserem Netzwerk als Ideenraum, in dem kulturpolitische Einmischungen und wegweisende Aktionen entwickelt werden können
*     den Respekt vor den persönlichen Belangen der einzelnen Teilnehmer/innen und die Zusicherung der Vertraulichkeit
*     die Ernsthaftigkeit unserer Absicht, gegen die Selbstausbeutung und den dazugehörenden Mythos antreten zu wollen

Selbstverständnis II – Kunst ist ein Beruf, kein Ehrenamt.
Im gesamten Feld der Bildenden Kunst und der Kultur wird ehrenamtliches Engagement vielfach selbstverständlich erbracht – auch von freischaffenden Künstler/innen, die wirtschaftlich strukturell schwierigste Situation im Kultursektor besetzen. Daher muss gemeinsam – von Künstlerkollegen/innen, von Vertretern/innen der Institutionen und Ausstellungshäuser sowie der Kulturpolitik – an Existenz- und Arbeitsbedingungen gearbeitet werden, die insbesondere dem/der Künstler/in ein Einkommen ermöglichen. Denn: Darben ist kein Qualitätsmerkmal, und führt „allem Mythos zum Trotz nicht zu besseren Kunstwerken” (Hans Abbing).

Selbstverständnis III – Augenhöhe in der Kooperation von Künstlern/innen und Institutionen und Projektpartnern/innen.
Die erwartete und zugesagte Solidarität unter Kollegen/innen, insbesondere hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, bezieht sich konkret auf Vergütungs- oder Aufwandsentschädigungsbedingungen in Ausstellungssituationen und Projektbeteiligungen: Im Sinne der Qualität der Zusammenarbeit darf der/die Künstler/in keine Beteiligung akzeptieren, die ihm/ihr projektbezogen ein finanzielles Minus beschert.
Umgekehrt wird von Ausstellungshäusern oder Projektpartnern erwartet, dass die Kosten für eine Projektbeteiligung übernommen werden, ein sachgerechter Umgang mit den Arbeiten gewährleistet ist, sowie eine entsprechende Versicherung bzw. Gewährleistung im Schadensfall erfolgt. Ein Honorar bzw. eine Ausstellungsvergütung ist wünschenswert, alternativ eine Ankaufregelung. Wenn der/die Künstler/in kein direktes finanzielles Einkommen aus einer Projektbeteiligung generieren kann, ist professionelle Transparenz über den möglichen geldwerten Nutzen (zum Beispiel in Form von Wissensaustausch, einer Publikation, Kontakten) herzustellen.
Kooperationsangebot innerhalb des Netzwerks.
Eine qualitätsorientierte eigene künstlerische Arbeit ist Voraussetzung der Zusammenarbeit im Netzwerk. Daraus resultiert eine qualitätsorientierte (aktive) Empfehlungspraxis, die wir von den Teilnehmern/innen erwarten.
Wir bieten und erwarten eine hohe Offenheit im berufsbezogenen Netzwerk-Austausch, sowie Loyalität hinsichtlich der Kooperationsbedingungen mit Dritten, d.h. konkret nur solche Kooperationen zu akzeptieren, die die Existenzbedingungen nicht unterschreiten.
Die Zusage kollegialer Solidarität – in Form der üblichen Netzwerkaktivitäten wie Einladung zu Veranstaltungen, gezielte Ansprache für Projekt- und Ausstellungsbeteiligungen – gilt insbesondere in schwierigen persönlichen Situationen, wie Familienzeiten oder Krankheit, so dass Phasen mit eingeschränkter oder ganz ohne berufliche Aktivitäten leichter zu überbrücken sind.

Kooperationsangebot des Mentoring-Netzwerks.
In Rheinland-Pfalz waren bisher die Hochschule für Bildende Kunst sowie der Mainzer Kunstverein Walpodenstraße 21 e. V. unsere mittelfristigen Partner. Als wiederkehrende Partner sind der Kunstverei
Ludwigshafen, das Arp-Museum, die Kunsthalle Mainz und das Museum Ludwig, Koblenz zu nennen. Zudem punktuell eine Vielzahl von Kunstvereinen und Künstler/Inneninitiativen – auch außerhalb des Landes –  als Partner bei der Durchführung qualifizierender (Fach-)Veranstaltungen.
Wir bieten an, diese Partnerschaft zu verstetigen und damit den fachlichen Diskurs zu unterstützen. Dazu bedarf es einerseits einer Planungssicherheit für die Netzwerkarbeit, andererseits verlässliche Partner im oben genannten Sinn.

Künstlerische Kompetenz und Beratung.
Mentoring ist in erster Linie eine Berufsberatung unter Kollegen/innen. Wir haben in den vergangenen Jahren ein Kompetenznetzwerk aufgebaut, dessen Teilnehmer/innen einander gegenseitig, aber auch für Kollegen/innen benachbarter Berufe, im kunstbezogenen und kulturpolitischen Austausch beratend zur Verfügung stehen.

Junge und ältere Künstler/innen.
Viele künstlerische Impulse sind auch an den Aufbruch der Jungen Kunst geknüpft. Eine Nachwuchs-Förderung ist der Bildenden Kunst, sowie dem Mentoring-Projekt immanent. Für alle, die eine langfristige Berufsausübung anstreben, heißt dies allerdings im Umkehrschluss, oft vor verschlossenen Türen zu stehen.
Wir leben in unserem Projekt die generationsübergreifende Solidarität und begrüßen ausdrücklich, dass im Zuge der allgemeinen Gleichstellung auch Altersbegrenzungen abgebaut werden. Die rheinland-pfälzische Kunstförderung hat z. B. durch die Aufgabe der Altersbegrenzung bei Stipendienvergabe bereits einen maßgeblichen Akzent gesetzt. Diesen Impuls gilt es weiterzuführen.

Künstlerische Bildungs- und Vermittlungsarbeit ernst nehmen und aufwerten.
Die Gleichstellung der musischen Fächer in der schulischen und der vor-/außerschulischen Bildung mit anderen Fächern ist unerlässlich. Die Qualifikation der Kunsterzieher ist eine unbedingte Voraussetzung für die Ausübung einer entsprechenden Bildungs- und Vermittlungsarbeit. Die zeitgenössische Kunst ist verstärkt im Lehrplan  zu verankern, insbesondere die persönliche Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Kunst, z.B. im Rahmen von Ausstellungs- oder Atelierbesuchen. Rahmenbedingungen des schulischen und außerschulischen Lernens sollten eine kollegiale Kooperation zwischen Kunstpädagogen und freischaffenden Künstlern/innen ermöglichen.

Interdisziplinäre Projekte.
Viele Künstler/innen arbeiten in interdisziplinären Projekten unterschiedlichster Ausrichtung.
Sie tun dies immer auf der Grundlage ihres künstlerischen Selbstverständnisses und ihrer individuellen künstlerischen Expertise. Darüber hinaus haben sich viele Künstler/innen zusätzliche Qualifikationen und Spezialkompetenzen angeeignet, z. B. im pädagogischen oder therapeutischen Bereich, in den angewandten Medien oder im wissenschaftlichen Arbeiten einzelner Disziplinen.
Die professionelle und qualitätsorientierte Zusammenarbeit in interdisziplinären Projekten setzt bei allen Beteiligten ein klares Verständnis der eigenen Kompetenzen, Eignungen und Grenzen voraus. Weitere Voraussetzung ist die Bereitschaft, allen Beteiligten dieses Verständnis zu vermitteln, um sowohl in der Planung wie in der Durchführung zuverlässig und verantwortungsvoll im Sinne der Projektziele zu arbeiten.
Sowohl in pädagogischen wie sozialpädagogischen Projekten, als auch in der Kunstvermittlung müssen die Schnittstellen der Kooperation anhand der Zielsetzung des Projekts sauber definiert werden. Die Besetzung eines bestimmten Projekts hat nach den jeweils persönlichen künstlerischen und sonstigen Zusatz-Qualifikationen der beteiligten Personen zu erfolgen.

Honoraraufträge.
Die öffentliche Hand als Arbeitgeber hat Vorbildcharakter, entsprechende Beschäftigungen oder Auftragsvergaben müssen einen angemessenen Beitrag zum Broterwerb leisten. Insbesondere bei der Übernahme schulischer Lehrtätigkeiten – temporär oder dauerhaft – dürfen Bildende Künstler/innen gegenüber anderen Kollegen/innen gemessen an unterschiedlichen Qualifikationen nicht benachteiligt oder in unvorteilhafte Vertragsverhältnisse gedrängt werden.
Öffentliche (Projekt-)Förderung.
Mehrfach im Jahr initiieren Künstler/innen kleine und große Projekte, sind beteiligt an Projekten anderer Kollegen/innen oder Partner/innen. Um dies handhabbar zu machen, müssen Zugangsverfahren zu öffentlicher Förderung so einfach wie möglich gehalten werden. Die Administration muss für Einzelpersonen und kleinere Projektträger mit sinnvollem Aufwand zu leisten sein. Nicht zuletzt muss der Aufwand für Akquise und Administration der Mittel in einem praktikablen Verhältnis zum jeweiligen Ziel und Rahmen eines Projektes stehen.

Qualitätsorientierung in der öffentlichen Förderung.
Als Standards für Ausschreibungen der öffentlichen Hand müssen künstlerische Qualität und professionelle Durchführung von Projekten aller Art – sei es Kunst am Bau, Projekte der freien Kulturarbeit, kulturpädagogische Projekte  – alleinige Gültigkeit haben. Das Kulturministerium hat hier Vorbildfunktion.
Die Transparenz des Wettbewerbsverfahrens, die Nachvollziehbarkeit der Einhaltung von Wettbewerbsregeln und die Offenlegung der Entscheidungskriterien sind Gütekriterien, die sich von den Landeswettbewerben / -förderungen und -institutionen über die Landkreise und Kommunen landesweit durchsetzen müssen.

Festivals und Projekte in Rheinland-Pfalz.
Die bisherige Projekterfahrung zeigt, dass insbesondere in ländlichen Regionen künstlerische Aktivitäten einen besonderen Erlebnisraum für Bürger/innen bieten, in dem Partizipation an der eigenen gesellschaftlichen Umgebung oftmals neu zündet. Die Initiative und Dynamik dieser Projekte und Festivals steht für gesellschaftliche Prozesse zur Verfügung und soll verstärkt in den Kontext partizipativer Projekte eingebunden werden.
Das außerordentliche Potenzial zeitgenössischer Kunst dies zu prononcieren, schafft nicht nur Identifikation der Bürger/innen mit ihrem Lebensumfeld und Lebensrealität, sondern stellt einen Teil beträchtlichen kulturellen Kapitals des Landes Rheinland-Pfalz dar.